Kopf - Flora und Fauna - Harzurlaub
 


Die Eiben im Harz


 

Wenn man sich eine Eibe (lat.: Taxus baccata L.), mit ihren satten, tief-grünen Nadeln und den leuchtend roten Beerenfrüchten betrachtet, geschieht das immer häufiger nur in Parks und Gärten, dekorativ getrimmt oder ganz wie die Natur sie wachsen ließ.

Eiben im Harz

Eiben gehören zu den immergrünen Nadelholzgewächsen. Oftmals findet man sie als sogenannte Komplexstämme - mehrere miteinander verwachsene Stämme - vor. Die Krone einstämmiger Eiben ist zumeist breit und kegelförmig, mit stark verzweigtem Astwerk. Mit zunehmendem Alter wird die Krone der Eibe rundlich bis kugelförmig. Der Stamm ist tiefgefurcht, die Rinde ist anfänglich rötlich und glatt, später entwickelt sich eine schuppige Borke von graubrauner Farbe. Die gestielten Nadeln, welche zwischen 15 bis 40 mm lang und 2 bis 3 mm breit sind, werden auf der Oberseite dunkelgrün und glänzend, auf der Unterseite graugrün. Die männlichen Exemplare bilden Staubblüten, die weiblichen Blüten hingegen winzige kleine Blüten auf der Zweigunterseite aus. Daraus entwickeln sich die bräunlichen Samen, welche von saftigem, leuchtend rotem Fruchtfleisch umgeben werden. Für Vögel und das heimische Wild sind die roten Beerenfrüchte äußerst schmackhaft, und auf diese Weise sorgen sie für eine natürliche Verbreitung der holzigen Samen, denn sie werden unverdaut wieder ausgeschieden.

Nur selten trifft man eine Eibe noch im Harz an. Dann fragt sich der Betrachter: Wie kommt denn die hierher, das ist doch sicherlich ein Baum, der irgendwann mal aus Nordamerika eingeführt wurde? Vielleicht erinnert man sich auch schwach daran, dass die Eibe im Jahr 1994 der Baum des Jahres war. Nur wie kann das zusammenpassen?

Eiben im Harz

Die Eibe gehört zu den vom Aussterben bedrohten Arten und steht in vielen Ländern Europas unter Naturschutz. Hier in Deutschland ist die Eibe auf der „Roten Liste“ für gefährdete und besonders vom Aussterben bedrohte Pflanzenarten. Doch das war nicht immer so. Die Eibe gehörte einst, neben den Laubbäumen und der Tanne, zum vorherrschenden Baumbestand des Harzes.

Schon im Mittelalter und wohl auch schon davor hatten die Menschen die Gebrauchseigenschaften dieses zähen Holzes erkannt. Im 15. und 16. Jahrhundert stieg die Nachfrage – auch aus dem Ausland – stark an. Die hervorragenden Eigenschaften des Holzes wurden geschätzt und besiegelten somit das Ende der Eibenbestände im Harz. Das Holz der Eibe ist fast harzfrei, sehr elastisch und zäh, dabei doch sehr dicht und schwer; diese Eigenschaften sind dem sehr langsamen Wachstum geschuldet. Auch sehr alte Eiben werden selten größer als 20 Meter.

Eiben im Harz

Diese Holzeigenschaften prädestinierten Eibenholz für den Bau von Bögen und Armbrüsten. Im Mittelalter begann somit, forciert vom Waffenbau, ein regelrechter Raubbau, bis die Eibe nahezu vollständig aus den Wäldern des Harzes verschwand. Historische Informationen aus dem Harz sind dünn gesät. Dennoch gibt es Belege dafür: So exportierte Nürnberg im Jahre 1560 die gewaltige Menge von 36.000 Bogen in den „Westen“. Laut einer Nürnberger Rechnung aus dem Jahre 1589 exportierte eine Holzhandlung permanent große Mengen an Eibenholz auf Flößen und Wagen nach Köln, Prag, Wien, Leipzig, Augsburg, sogar bis nach England, Frankreich und Italien. Frankfurt war in dieser Zeit eine Hochburg der Waffenschmieden und Armbrustschnitzer, so gingen in jenem Jahr allein 12.000 Eibenstämme nach Frankfurt.

Ein altes Gedicht mit unbekanntem Autor besagt:
„Wir sind die letzten des Riesengeschlechts,
die Brüder sanken und starben.
Wir tragen die Spuren des Wettergefechts,
frisch blutende Wunden und Narben.“

Heute findet man in ganz Deutschland nur noch vier mehr oder weniger große Eibenbestände, der Eibenbestand im Bodetal ist einer davon.
Entlang des Bodetals, zwischen Thale und Treseburg, findet man noch heute zahlreiche Eiben vor, manche in größeren Gruppen, manche inmitten anderer Bäume und manche alleinstehend, hoch oben in den zerklüfteten Felsen. Viele von ihnen haben es bereits auf ein beachtliches Alter von mehreren hundert bis zu tausend Jahren gebracht. Doch ansehen kann man es ihnen kaum, da sie ja durch das langsame Wachstum nicht riesig groß und nicht von erheblichem Umfang sind.
Die Königin der Harz-Eiben, die sogenannte Humboldt-Eibe, von den Einheimischen auch die Tausendjährige genannt, ist in einem gut versteckten Seitental zu finden, dessen Name hier nicht genannt sein soll. Dieses Tal ist ein Naturschutzgebiet, in dessen Schutz die Humboldt-Eibe steht.
Den Naturschützern in Thale und im gesamten Harz ist sehr daran gelegen, dass keine Touristenströme durch dieses Tal kommen und somit das Naturschutzgebiet, als auch die Humboldt-Eibe, gefährden. Ihre üppigen und stark verschlungenen Wurzeln ranken sich über den felsigen Boden. Im Inneren ist die Eibe hohl, so dass man sich getrost hineinstellen könnte. Der Stamm selbst ist nur noch ein schmaler Ring. Die Öffnung verjüngt sich spitz noch oben und trotz des beträchtlichen Alters ist von Fäulnis keine Spur. Die Humboldt-Eibe verdankt ihren Namen, wie zu vermuten ist, dem Naturforscher Alexander von Humboldt (1769 - 1859). Denn dieser war Ende des 18., Anfang des 19. Jahrhunderts, der Erste, der diese Eibe beschrieb und ihr Alter schätzte. Wohlgemerkt: Es war zu jener Zeit noch keine Wanderung durch das Bodetal auf gut ausgebauten Wegen möglich. Die Wanderung zur Eibe – die später Humboldt-Eibe heißen sollte – war sehr beschwerlich. Humboldts Schätzung belief sich bei der Eibe auf ein Alter von etwa 4.000 Jahren.

Eiben im Harz
Schlacht von Crécy des Hundertjährigen Krieges zwischen Engländern und Franzosen,
rechts Langbogenschützen
Maler: Jean Froissart (1337 - 1405)
Französische Nationalbibliothek FR 2643, fol. 165v

Heute weiß man, dank dendrochronologischer Schätzungen, dass die Eibe ein ungefähres Alter von 2.000 bis 2.500 Jahren hat. Eine genauere Datierung ihres Alters wäre nur durch eine intensive dendrochronolo-gische Untersuchung möglich, die eine Probenentnahme voraussetzen würde. Doch die Naturschützer möchten zu Recht darauf verzichten. Dennoch ist die Humboldt-Eibe vermutlich einer der ältesten Bäume in Deutschland.

Umso erfreulicher ist, dass die Eiben im Bodetal und in dessen Umgebung in naher Zukunft ihre Renaissance erleben sollen. Der Thalenser Forst arbeitet mit großer Zuversicht seit einiger Zeit an einem „Eibenprojekt“. Ziel dieses Projektes ist es, die Eiben wieder vermehrt im Harz anzusiedeln. Dazu werden den heimischen Eiben Samen entnommen, junge Eiben gezogen und mit ihnen aufgeforstet. Außerdem gewinnt die Eibe in der Medizin immer mehr an Bedeutung. Bezeichnete sie der römische Fachschriftsteller Plinius noch als Baum des Todes, so gewinnt man heute das Krebsmittel „Taxol“ aus ihrer Rinde.

Eiben im Harz Eiben im Bodetal, K. Brinkmann
Eiben im Bodetal - Humboldt-Eibe, Fotos K. Brinkmann

Doch bis die Menschen hier im Harz wieder durch Eiben-Wälder streifen können, werden noch viele hundert Jahre vergehen. 



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Copyright der Fotos: B. Sternal, Archiv,
Copyright des Textes: "Der Harz – Faszination Natur" von Bernd Sternal


Der Harz - Faszination Natur
von Bernd Sternal
Der Harz - Faszination Natur von Bernd Sternal

 

Wir treten für den Schutz von Eisbären, Tigern, Löwen und anderen Raubtieren ein, den Wolf in Deutschland lehnen wir jedoch zum Großteil ab und auch der teilweise wieder angesiedelte Luchs ist vielen suspekt. Wir schützen Tiere und Pflanzen, wobei der Schwerpunkt auf niedlichen und ungefährlichen Tieren liegt, bei Pflanzen müssen diese möglichst ansehnlich sein, hübsch blühen oder wohlschmecken. Borkenkäfer, Fliegen, Wespen, Weg- und Gartenameisen, Motten, Asseln und vieles mehr haben hingegen keine Lobby, dennoch sind sie alle Bestandteile unserer Natur.
Wir unterscheiden in Neobiota und einheimischer Flora und Fauna. Unter ersterem versteht man Arten von Tieren und Pflanzen, die erst nach dem 15. Jahrhundert hier eingeführt oder eingewandert sind. Dazu zählen beispielsweise bei den Tieren: Waschbären, Marderhunde, Nerze, Nutrias, Mufflon oder Streifenhörnchen. Bei den Pflanzen ist der Riesenbärenklau derzeit in aller Munde, es gibt jedoch weitere unzählige Arten. In Deutschland kommen mindestens 1.100 gebietsfremde Tierarten vor. Davon gelten allerdings nur etwa 260 Arten als etabliert, darunter 30 Wirbeltierarten.
Übrigens: Auch die Kartoffel, die Tomate, der Paprika und die Gurke sind Neophyten, also nicht heimische Arten.
Wir beginnen dann Arten in nützliche und schädliche zu unterscheiden. Dabei nehmen wir wenig Rücksicht auf die Rolle der jeweiligen Art in den Ökosystemen, oftmals kennen wir diese auch gar nicht. Wir führen Tiere und Pflanzen aus der ganzen Welt ein und sind dann verwundert, wenn die eine oder andere Art außer Kontrolle des Menschen gerät und sich unkontrolliert vermehrt. Den Rest, in Bezug auf neobiotische Pflanzen, Tiere und Pilze, erledigt die Globalisierung.
Auch unsere Landschaft verändern wir fortwährend. Was durch geologische Prozesse in vielen Millionen Jahren entstanden ist, weckt seit einigen Jahrhunderten das zunehmende Interesse des Menschen. Wir betreiben Bergbau - unterirdisch und in Tagebauten -, wir fördern Erdöl und Erdgas aus den Tiefen unseres Planeten, wir bauen Sand, Kies, Kalk, allerlei Gestein und vieles mehr ab.
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