Er ist der König der Harzer Wälder,
der aus der Familie der Echten Hirsche stammende
Rothirsch. Mit einem Gewicht jenseits der 100 kg können
da nur wenige, sehr starke Keiler mithalten. Aber noch
beindruckender als ihr Körpergewicht, ist ihr
gewaltiges, weitverzweigtes Geweih, das zu den größten
aller Hirscharten gehört. Es stellt für jeden Jäger eine
prächtige Trophäe dar. Kein Wunder also, dass diese
gewaltigen Hirsche, die schon hier zu Hause waren als
die ersten Menschen einwanderten, zum Jagdprivileg für
die Herrschenden wurden. Verbrieft ist dieses
Jagdprivileg für den Adel ab dem beginnenden
Mittelalter.

Im Gegensatz zu vielen großen
Raubtierarten konnte sich der, aus der Ordnung der
Paarhufer stammende, Rothirsch das Überleben in unserem
Harzwald sichern. Sein Bestand gilt seit langer Zeit als
stabil. Die Gründe dafür sind vielschichtig. In erster
Linie dürfte aber sein Status und seine Beliebtheit ein
entscheidender Faktor dafür gewesen sein, denn wer mag,
wie Bär, Wolf und Luchs, schon den friedlichen Hirsch
ausrotten. Wobei, so friedlich ist er eigentlich nicht
immer. Wenn die Brunft, also der Revierkampf um die
Hirschkühe beginnt, macht er nicht nur mächtig Lärm,
nein er rauft sich auch mit seinen Nebenbuhlern, dass es
nur so kracht. Rothirsche sind soziale Tiere, die in
großen Gruppen, sogenannten Rudeln, zusammenleben.
Außerhalb der Paarungszeit leben die Geschlechter streng
getrennt: die Hirschkühe in Kahlwildrudeln, die Hirsche
in Hirschrudeln. Die einzelnen Rudel sind dabei recht
standorttreu. Mit
Beginn der Paarungszeit, etwa ab Anfang September,
machen sich die fortpflanzungsfähigen Hirsche, die in
der Regel älter als 5 Jahre sind,
auf zu den Brunftplätzen. Dort beginnen die
kämpferischen Auseinandersetzungen sowie imposante Droh-
und Imponierduelle, in denen die soziale Rangordnung
ermittelt wird. Die Brunftplätze sind freie
Äsungsstellen der Kahlwildrudel. Die dort beginnenden
Brunftkämpfe werden in der Regel durch lautstarke
Rufduelle eingeleitet. Diese Rufduelle faszinieren uns
Menschen ganz besonders und sind
im Spätsommer bzw. zum Herbstanfang oft viele
Kilometer weit zu hören. Geht aus diesem Ruf- und
Imponierduell kein Sieger hervor, kommt es zum
Körperkontakt. Diese Kämpfe sind Ritualkämpfe, die nicht
beabsichtigen den Gegner körperlich zu beschädigen. Es
verhaken sich, bei diesen frontalen Schiebekämpfen, die
Geweihe beider Kontrahenten ineinander und dann wird
wechselseitig
gegeneinander angestemmt.
Bis sich ein Hirsch als der Unterlegene
herauskristallisiert, der dann fluchtartig den Platz
verlässt. Trotz der nicht beabsichtigten
Beschädigung
des Konkurrenten kommt es regelmäßig zu
Verletzungen und auch zu Todesfällen. Zu gefährlich sind
diese Geweihe, die
Waffen darstellen und zu groß sind die Kräfte
dieser imposanten Großhirsche. Der Sieger der internen
Duelle wird dann Platzhirsch und deckt die
paarungsbereiten Hirschkühe des Kahlwildrudels.

Außerhalb der Brunftzeit ist das
Rotwild sehr friedlich und nur selten zu beobachten. Zu
gut funktionieren seine Sinne, allen voran sein
Geruchssinn. Rothirsche sind geruchsorientierte Tiere,
die menschliche Witterung bei günstigen Bedingungen auf
mehrere hundert Meter wahrnehmen können. Außerdem
variiert die Farbe ihres Haarkleides entsprechend der
Jahreszeit und passt sich nahezu perfekt der Umgebung
an.
Als Lebensraum bevorzugen die
Rothirsche strukturreiche Wälder in enger Verzahnung mit
Dickicht und großen offenen Lichtungen. Das
Nahrungsspektrum dieser Wiederkäuer ist äußerst breit
gefächert. Fast alle pflanzliche Kost, wie Rinde, Samen,
Früchte, Feldfrüchte, Pilze, Kräuter, Moose und Flechten
stehen auf dem Speiseplan. Da diese großen
Pflanzenfresser einen enormen Nahrungsbedarf haben,
dominiert das Fressverhalten fast den gesamten
Tagesrhythmus.
Rothirsche haben bei uns, außer dem
Menschen, keine natürlichen Feinde mehr. Höchstens einer
der wenigen Luchse kann einem Hirschkalb gefährlich
werden. Daher haben die Rothirsche bei uns im Harz eine
Lebenserwartung von bis zu 18 Jahren, was aber
Ausnahmefälle sind, denn da sind dann ja noch die Jäger.
zurück
Copyright Fotos: Wolfgang Stolze Hohegeiß Copyright Text: Bernd Sternal 2010
|